Ein besonderer Projekttag für 9a und 9b am RTG

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Als uns die Möglichkeit eröffnet wurde, uns für die Teilnahme an einem Inklusions-Projekt mit Abschlussschülern der Fachschule für Heilerziehungspflege der Barmherzigen Brüder in Reichenbach zu bewerben, waren wir gleich Feuer und Flamme. Wir wollten gerne mal ausprobieren, wie es ist, wenn man alltägliche Dinge nicht mehr tun kann, weil man körperlich eingeschränkt ist. Darum reichten wir unsere Bewerbung bei Frau Deml und Frau Singer ein – mit Erfolg. Einige von uns haben Freunde oder Verwandte, die selbst von einer Form von Behinderung betroffen sind, andere kennen die Herausforderungen der Betreuung von beeinträchtigten Menschen, weil ihre Eltern in einem Pflegeberuf tätig sind.

Am Mittwoch, 09.04.2025 war es soweit: Frau Steinbauer, eine Dozentin an der Fachschule und vier ihrer Schülerinnen und Schüler besuchten uns am RTG und sie hatten ungewöhnliches Equipment dabei: Der Rollstuhl leuchtete uns ein, damit konnte man eine Form von Handicap ausprobieren. Aber was sollte die seltsame Holzkiste mit Spiegel? Und erst Skibrille und Handschuhe im Frühling?

Wir waren gespannt, mussten aber noch ein wenig auf die Aufklärung warten, denn zunächst stellten unsere Referenten uns in einer informativen Präsentation den sehr vielschichtigen Beruf des Heilerziehungspflegers vor – einer Mischung aus Pädagoge, Pfleger und Betreuer – aber eben doch was Eigenes. Die Ausbildung, die ein Praktikumsjahr im Vorfeld erfordert, dauert drei Jahre, ist kostenlos und umfasst einen praktischen Teil sowie parallel dazu den Besuch der Fachschule, die man (sofern man auch Englisch belegt) mit dem Fachabitur abschließen kann. Außerdem erfuhren wir, dass wir jederzeit in den Ferien ein Praktikum in Reichenbach machen können, um auszuprobieren, ob der soziale Bereich und speziell die Arbeit mit Menschen, die eine Behinderung haben, für uns geeignet sein könnte.

Dann ging es mit dem praktischen Teil los. Wir wurden in Gruppen aufgeteilt und durften an den drei aufgebauten Stationen praktische Erfahrungen sammeln: Wir konnten ausprobieren, wie es ist, im Rollstuhl zu sitzen. Man glaubt es nicht, wie nahezu unmöglich das Öffnen unserer Feuerschutztüren ist, wenn der Rollstuhl immer wieder nach hinten ausbricht und man keinen wirklichen Druck auf die Tür ausüben kann. Sollte ein Rollstuhlfahrer ans RTG kommen, müssen hier dringend automatische Türöffner installiert werden. Noch eindrucksvoller war das Ausprobieren unserer Rollstuhlrampe, die nach einhelliger Meinung aller Probanden keine ist. Ohne Hilfe kann man sie nämlich weder unfallfrei nach oben (die Reifen drehen im besten Fall durch, im schlechtesten kippt man nach hinten um) noch nach unten (Hui, und ab durch die ganze Aula, mit Glück ohne umzufallen!) befahren. Zitat aus der 9a: “Nein, des derf mir ned passieren! Ich pass‘ auf meine Haxen auf, dass ich nie an‘ Rollstuhl brauch‘!“

An Station 2 versetzten wir uns in die Lage eines Menschen mit Lese-Rechtschreib-Schwäche. Wir bekamen die Aufgabe ein Wort (z.B. Heilerziehungspflegehelfer) zu schreiben oder unser Lieblingstier zu zeichnen. Nicht schwierig, denkt ihr? Stimmt, wenn man dabei nicht durch den oben erwähnten Spiegel behindert wird. Nur durch den konnten wir nämlich (also spiegelverkehrt) sehen, was wir schreiben, und das ging bei vielen erst mal voll daneben! Nur wenige Naturtalente schafften es auf Anhieb, richtig und schön zu schreiben.

Die dritte Station kennt jeder von euch aus eigener – jedoch passiver – Erfahrung: Ihr steht an der Supermarktkasse und wollt eure Tüte Chips und euer Getränk bezahlen. Vor euch ein älterer Herr, der in bar zahlt und gefühlt seit einer Ewigkeit die Münzen aus seinem Geldbeutel auf den Tresen zählt, sie dreht und wendet, wieder zurück in den Geldbeutel wirft, eine neue nimmt… Genau diese Situation durften wir aktiv nachfühlen, indem wir uns mithilfe von Gartenhandschuhen, einer Art Skibrille und Lärmschutzkopfhörern in den eben beschriebenen älteren Herrn verwandelten. Wir hatten den Auftrag, einen genannten Betrag zu bezahlen. In der Kasse waren nur kleine Münzen, die wir wegen der Brille nicht gut sehen und wegen der Handschuhe auch nicht gut greifen konnten, außerdem fiel die Kommunikation wegen der „Hörbehinderung“ schwer. So gestaltet es sich als äußerst zeitraubend, 87 Cent aus der Kasse zu zählen. Unser Verständnis für alte Menschen an der Kasse wuchs ins Grenzenlose! Das gehandicapte Auspacken des Belohnungs-Bonbons am Ende versöhnte uns ein wenig mit der Welt. Vielleicht sollte so ein Belohnungsglas auch an Supermarktkassen stehen – schließlich kann keiner was dafür, dass er alt ist!

Zum Schluss gab es noch eine Feedback-Runde, in der wir unsere Eindrücke teilen konnten. Wir waren uns einig, dass das Projekt eine sehr positive Erfahrung war und im nächsten Jahr unbedingt wiederholt werden sollte.

 

Sina, Yevheniia und Laila

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